Wir brauchen die Agrarwende jetzt!

Die Debatte zu den beiden Agrarinitiativen ist intensiv und wird auch sehr emotional geführt. Fakt ist, dass die Schweizer Landwirtschaft jährlich mit 3.5 Mrd. subventioniert wird, egal ob nachhaltig produziert wird oder nicht. Wir geben nach wie vor mehr Geld aus für eine Kuh als für ein Schulkind!

von Dr. Martina Niedermann, SP Altstadt-Mattenbach

Ja zur Pestizidinitiative

Viele Bauern argumentieren, dass nur eine intakte Umwelt und gesunde Böden die Basis für ihren Beruf sind, belasten aber gleichzeitig diese Umwelt mit Pestiziden, Herbiziden und Insektiziden.

 

Als Gegenargument wird angeführt, dass vermehrt nicht nachhaltig produzierte Lebensmittel aus dem Ausland importiert würden. Wenn ich aber am Winterthurer Wochenmarkt beim Bauern einkaufe, weiss ich, dass der Bauer einen fairen Preis ohne Zwischenhandel erzielt und auch die krumme Gurke und die Riesenkartoffeln verkaufen kann. Denn was nicht Normgrösse hat, könnte bei Coop und Migros nicht abgeliefert werden. Ca. 30% der in der Schweiz produzierten Frischwaren des Anbaus landet deswegen auf den Kompost. Das muss aufhören. So hätten wir allein damit schon einiges an Früchten und Gemüse gewonnen ohne eine einzige Hektare mehr Ackerland.

 

Die synthetischen Pestizide, die verboten werden sollen, schaffen viele Problem, weil verschiedene Mittel (bis zu fünf oder mehr) in kleinen Dosen gespritzt werden und die schiere Menge an verschiedenen Stoffen einen Giftcocktail ergeben, der zahlreichen Lebewesen, vor allem Insekten, das Leben schwer macht. In chronischer Häufigkeit verabreicht schaden diese vielen vermeintlich geringen Dosen aber zum Beispiel auch Vögeln und Igeln.

 

Die Schweiz hat die Chance, Bio-Nahrung ohne synthetische Pestizide zu produzieren und damit europaweit eine Vorreiterrolle einzunehmen. Wir brauchen diese Agrarwende jetzt!

Ja zur Trinkwasserinitiative

Die Trinkwasserinitiative will nur noch diejenigen Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen und Subventionen unterstützen, welche keine Pestizide einsetzen und in der Tiermast auf Antibiotika verzichten. Da gleichzeitig Futterzukäufe aus dem Ausland verboten sind, müssen Subventionen ausgeschüttet werden, da viele Bauern ihre übergrossen Tierbestände abbauen müssen. Es gilt eine Übergangsfrist von acht Jahren. Der Futtermittelhandel innerhalb der Schweiz bleibt aber weiterhin möglich!

 

Die wegen des Klimawandels rasch abschmelzenden Gletscher gefährden das «Wasserschloss Europas», und wir müssen den schwindenden Trinkwasserreserven heute schon mehr Sorge tragen als noch 1950. Bei Wasser gilt immer: Nicht verschmutzen ist viel besser als später mühsam reinigen! Deshalb braucht es neben dem Verbot für synthetische Pestizide auch die Trinkwasser-Initiative.

Seit vierzig Jahren ist zu viel Atrazin im Tössgrundwasser ein Thema. Die Stadt Winterthur bezieht einen Grossteil des Trinkwassers aus Tössgrundwasser und einigen anderen Quellen, wo solange verdünnt werden kann, bis die Grenzwerte unterschritten sind. Leider ist Atrazin immer noch vorhanden, obwohl es seit 2012 in der Schweiz verboten ist. Laut Stadtwerk liegt der Anteil erfreulicherweise unter dem Grenzwert beziehungsweise wird unter den Grenzwert verdünnt. Aber gerade in Grundwasserströmen verschwindet sogar seit langem nicht mehr verwendetes Pflanzengift nur allmählich.

 

Da Winterthur zudem in den letzten Jahren stark gewachsen ist, wird der Wasserbedarf steigen und nicht sinken, und alle erwarten zu Recht, dass das Trinkwasser einwandfreie Qualität hat. Wir haben es jetzt mit zweimal «Ja» in der Hand, dass auch die nächste Generation sauberes Trinkwasser und pestizidfreies Obst und Gemüse hat.