Eine doppelt verpasste Chance
Heute können vorläufig aufgenommene Menschen erst nach fünf Jahren Stipendien beantragen. Die Abschaffung dieser unsinnigen Wartefrist hätte nicht nur den Betroffenen eine schnellere Integration ermöglicht, sondern auch einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel geleistet. Und sie hätte die Gemeinden finanziell entlastet, weil die Betroffenen schneller auf eigenen Beinen hätten stehen können.
Stattdessen hat einmal mehr eine rechte Hetzkampagne verfangen. SVP und FDP hatten dabei leider auch leichtes Spiel. Denn die Bezeichnung vorläufig aufgenommen suggeriert das Falsche. Die allermeisten vorläufig aufgenommenen Menschen bleiben langfristig hier, weil eine Ausweisung oder Rückkehr in ihr Herkunftsland unmöglich ist. Umso wichtiger wäre es, dass der Bund diese irreführende Bezeichnung endlich korrigiert.
«Es ist uns leider nicht gelungen, genügend Zürcher:innen aufzuzeigen, dass vorläufig aufgenommene Menschen eben nicht abgewiesene Personen sind, sondern in den allermeisten Fällen langfristig bei uns bleiben – und es deshalb im Interesse von uns allen ist, dass sie möglichst rasch eine Ausbildung starten und auf eigenen Beinen stehen können», so SP-Kantonsrätin Qëndresa Sadriu-Hoxha.
Nach dem Nein zur Abschaffung der Wartefrist für Stipendien bleibt es nun beim für alle Beteiligten unbefriedigenden Status Quo: Das integrationspolitische Ziel von Bund und Kanton, dass geflüchtete und vorläufig aufgenommene Jugendliche und junge Erwachsene sich innert fünf Jahren in einer Ausbildung befinden sollen, bleibt in weiter Ferne. Die Betroffenen müssen weiterhin fünf Jahre warten, bevor sie sich um ein Stipendium für eine Ausbildung bewerben können. Dadurch werden auch keine zusätzlichen Fachkräfte ausgebildet. Und die Gemeinden müssen weiterhin viele der Betroffenen in diesen fünf Jahren finanziell unterstützen, weil diese anders nicht über die Runden kommen.